Bloß nicht die Katze ziehen! Wer die Katze zieht, explodiert. Im Fall des Kartenspiels Exploding Kittens bedeutet das knallhartes Ausscheiden. Es sei denn, die Spieler haben zufällig einen Laserpointer in der Hand oder bringen den nächsten Spieler mit ihrem tausendjährigen Rückenhaar zum Flüchten. Oder sie rubbeln den Bauch des rosa Schweine-Einhorns und blicken in die Zukunft. Soll heißen unter die nächsten Karten auf dem Stapel.

Klingt bizarr? Klingt vor allem wie gemacht für einen Erfolg im Internet. 10.000 US-Dollar wollten die Erfinder von Exploding Kittens per Crowdfunding einnehmen. Nach nicht einmal einer Woche steht die Kampagne bei fast vier Millionen Dollar. Damit gehört sie zu den bis dato zehn erfolgreichsten in der Kickstarter-Geschichte und zu einem der erfolgreichsten über Crowdfunding finanzierten Spiele.

Wohlgemerkt geht es nicht um ein Videospiel mit 3-D-Grafik und komplexer Story. Es handelt sich um ein traditionelles Kartenspiel, gedruckt auf Pappe. Kommt also demnächst wieder Mau-Mau in Mode und kloppen die Kids bald auf dem Schulhof wieder Skat? Das vielleicht nicht, aber Exploding Kittens lehrt einiges über viralen Erfolg im Netz. Und es beweist, wie beliebt Webcomics inzwischen sind.

Wieso? Weil Internet

Die Idee für ein neues Kartenspiel kam den beiden Xbox-Mitarbeitern Elan Lee und Shane Small auf dem Weg zur Arbeit. Lee ist ein erfahrener Entwickler für Augmented-Reality-Games und war zwischendurch der Kameramann von Matt Harding, dem lustig tanzenden Weltenbummler, dessen Videos zu den ersten viralen YouTube-Hits zählten.

Karten aus "Exploding Kittens" © Kickstarter

Zwei Monate lang saßen Lee und Small am Konzept des Spiels, das sie als eine Art Russisches Roulette bezeichnen: In jedem Deck ist ein Joker versteckt, der den Spielern nicht etwa hilft, sondern sie aus dem Spiel katapultiert. Mit Katzen hatte das Spiel zu dem Zeitpunkt noch nichts zu tun. Der Arbeitstitel hieß Bomb Squad und es ging um das entschärfen der selbigen. "Es war kein sehr lustiges Spiel", erinnert sich Lee.

Dass aus Bomben niedliche Kätzchen wurden, lag an einem Trip nach Hawaii. Dort begegneten Lee und Small dem Comiczeichner Matthew Inman, besser bekannt als The Oatmeal. Nach etwas Überzeugungsarbeit konnten sie Inman für ein Spiel gewinnen. Fünf Minuten sollte es dauern, am Ende spielten sie angeblich zwei Stunden und hatten Inman davon überzeugt, die Karten zu illustrieren. Der allerdings stellte eine Bedingung: Aus Bomben sollten Katzen werden. Wieso? "Weil Internet", sagte Inman.

In sechs Jahren an die Webcomic-Spitze

Matthew Inman kennt sich sowohl mit viralen Erfolgen als auch mit Crowdfunding aus. Seit 2009 zeichnet der 32-Jährige aus Seattle als The Oatmeal vorrangig Comics für seine Website. Inzwischen hat er mehr als drei Millionen Likes auf Facebook, The Oatmeal gehört laut Einschätzungen des Analysedienstes Alexa zu den 3.000 beliebtesten Websites im Internet.

Einige sehen den Erfolg von The Oatmeal kritisch. Ein vieldiskutiertes Porträt auf Buzzfeed zeigt Inman als cleveren Marketingstrategen, der seine Vergangenheit als SEO-Experte nutzt und bloß auf Klickzahlen und Vermarktung aus ist. Das sei genau das Gegenteil von dem, wie er sich seinen Fans präsentiere. Inman reagierte auf die Vorwürfe mit einem Comic. Andere sind der Meinung, dass die Comics bloß darauf ausgelegt sind, möglichst Meme-tauglich zu sein. Etwas, das Inman nicht abstreitet. Auch der Erfolg von Exploding Kittens zeigt schließlich: Katzen gehen immer im Internet.