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Schlafprobleme Wenn Kinder nicht zur Ruhe kommen

Dass Babys Schlafprobleme haben, ist oft normal - raubt Eltern jedoch die Kräfte und verunsichert. Was hilft, wenn der Nachwuchs nicht zur Ruhe kommt?
Weinendes Kleinkind: Der Schlaf kommt nicht auf Knopfdruck

Weinendes Kleinkind: Der Schlaf kommt nicht auf Knopfdruck

Foto: Corbis

Die ersten Monate seines Lebens konnte Jonas einfach nicht einschlafen. Er war wach und hat geschrien - zu jeder Tages- und Nachtzeit, erinnert sich seine Mutter. "Wenn es doch mal geklappt hat, dann nur für ein oder zwei Stunden." Jede Nacht durfte Jonas mit ins Elternbett. "Das soll man ja eigentlich nicht erlauben - aber irgendwann macht man alles, damit ein Kind schläft", erzählt sie. Denn sie selbst war in den ersten Monaten nach der Geburt am Ende ihrer Kräfte.

Oft hätten Eltern keine genauen Vorstellungen, wie viel Schlaf ihr Kind braucht, sagt Dana Urban von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. Grundsätzlich ist das Schlafbedürfnis abhängig vom Alter:

  • Neugeborene brauchen ungefähr 16 bis 18 Stunden Schlaf,
  • Einjährige zwischen 12 und 15 Stunden,
  • ab vier Jahren reichen rund 12 Stunden.

Doch das ist nur eine grobe Orientierung: Jedes Kind schläft anders und unterschiedlich viel. Gerade Eltern mit Säuglingen, die wenig schlafen, erleben dies als große Belastung und sind schnell verunsichert.

Dabei sind Schlafprobleme bei Babys oft normal. Meist hätten Neugeborene einfach noch nicht gelernt, durchzuschlafen und sich selbst zu beruhigen, wenn sie nachts aufwachen, sagt Torsten Spranger vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Treten weitere Beschwerden auf, sollten Eltern den Kinderarzt um Rat fragen. Atmet ein Baby oder ein Kleinkind etwa laut, kann eine Atemwegserkrankung der Grund sein. Auch Verdauungsprobleme könnten Babys nachts wachhalten, sagt der Kinderarzt.

Rituale am Abend

Will ein Kind partout nicht einschlafen, können Eltern als erstes einfache Änderungen im Alltag ausprobieren. Den Tag über sollte das Kind aktiv sein, damit es am Abend ausgelastet ist. Den Abend lassen die Familien am besten in Ruhe ausklingen. Bei der Schlafenszeit sollten Eltern auf Regelmäßigkeit achten: Damit der Schlaf-Wach-Rhythmus nicht durcheinander gerät, geht das Kind möglichst jeden Abend etwa zur gleichen Zeit ins Bett.

"Vielen Kindern helfen Rituale, abends zur Ruhe zu kommen", sagt Urban. Wer dem Kind nach dem Zähneputzen jeden Abend eine Geschichte vorliest, etwas singt oder sich Zeit zum Kuscheln nimmt, kündigt auf eine positive Art an: bald ist Schlafenszeit. "Es geht nicht darum, ein ganzes Paket an Ritualen abzuhaken, sondern für sich selbst und das Kind etwas zu finden, was Freude macht und gleichzeitig Beständigkeit vermittelt", sagt die Expertin.

Auf keinen Fall sollten Kinder im Streit mit ihren Eltern ins Bett gehen. "Auch wenn es am Tag einen Konflikt gab, ist es wichtig, dem Kind zu zeigen: Wir haben dich lieb und klären das morgen", sagt Urban. Wacht ein Kind nachts auf, weil es Albträume hat, ist es wichtig, es zu beruhigen. "Fürchtet sich ein Kind vor Monstern unter dem Bett, sollte man das gegenüber dem Kind ernst nehmen", rät sie. Wer gemeinsam mit dem Kind ein Kuschelmonster näht oder einen Traumfänger bastelt, vertreibt die Angst vielleicht.

Bei älteren Kindern könne es helfen, die Gedanken und Sorgen am Abend in einem Tagebuch loszuwerden, sagt Kinderpsychologe Holger Simonszent. Manchmal raubt ein besonderes Ereignis wie ein Schulwechsel oder eine bevorstehende Klassenfahrt Kindern den Schlaf.

Nicht nur das Symptom behandeln

Doch nicht immer seien die Ursachen banal, sagt Simonszent. Streit in der Familie, Leistungsdruck oder die Krankheit eines Elternteils - solche emotionalen Belastungen können Kindern den Schlaf rauben. "Wer nur das Symptom Schlaflosigkeit behandelt, nicht aber die Ursache, hilft dem Kind nicht", sagt Simonszent.

Ab wann die Hilfe durch einen Kinderarzt oder Psychologen ratsam ist, erkennen Eltern oft selbst am besten, sagt Kinderarzt Spranger. "Sobald die Familie darunter leidet, sollte man einen Arzt aufsuchen." Dieser erkenne organische oder psychische Ursachen - oder spreche einfach ein paar beruhigende Worte.

Gibt es keinen körperlichen oder schwerwiegenden psychischen Grund, gilt: Je gelassener Eltern mit dem Schlafproblem des Kindes umgehen, desto eher kommt auch das Kind selbst zur Ruhe. Deshalb sei es wichtig, offen auszusprechen, wenn man überlastet ist, sagt Spranger. Nur wer offen sagt: Ich kann nicht mehr, dem kann geholfen werden.

Diese Erfahrung hat auch Jonas' Mutter gemacht. Inzwischen hat der Junge gelernt, allein einzuschlafen, und wacht nachts nur selten auf. Doch das war ein langer und anstrengender Weg für sie beide. Sie rät Eltern deshalb, Hilfe anzunehmen. Und sie sollten nicht den Mut verlieren, sondern sich immer wieder sagen: Das ist nur eine Phase, das geht vorbei.

SCHLAF-QUIZ
Marie Blöcher, dpa