Manchmal ändert sich die familiäre Situation, nachdem ein Testament verfasst ist, Kinder kommen dazu, Namen werden geändert. In einigen Fällen muss der letzte Wille dann entsprechend angepasst werden.

ERBRECHT – Den letzten Willen unmissverständlich festzuhalten, ist vielen Menschen ein Bedürfnis und vermeidet Streit bei den Hinterbliebenen. Claudia H. aus Lichtenrade hatte frühzeitig mit ihrem Ehemann ein sogenanntes Berliner Testament verfasst und darin ihre seinerzeit zwei gemeinsamen Kinder berücksichtigt. Bei einem Berliner Testament setzen die Eheleute sich gegenseitig als Erben ein und regeln darüber hinaus auch den zweiten Todesfall – unabhängig davon, wer als zweiter stirbt. Inzwischen hat das Paar ein drittes gemeinsames Kind bekommen. Muss das Testament nun geändert werden, um das dritte Kind nicht zu benachteiligen?

Jutta K. aus Tempelhof hat sich ebenfalls um ihren Nachlass gekümmert und außerdem für den Notfall vorgesorgt. Sie hat ein Testament sowie eine Vorsorgevollmacht verfasst. In den Dokumenten hat sie ihre Schwester als ihre Vertreterin und auch als ihre Erbin eingesetzt. Die Schwester hat inzwischen geheiratet und ihren Namen geändert. Müssen die Dokumente jetzt alle entsprechend neu aufgesetzt werden?

Es geht um die Auslegung der Texte

„Die beiden Fragen hängen eng miteinander zusammen“, sagt der Experte für Erb- und Familienrecht Dr. Max Braeuer. „In beiden Fällen geht es um die Auslegung des Testamentes beziehungsweise des Vollmachtstextes. Auch wenn der Text nicht ganz eindeutig ist, so lässt sich oft durch Auslegung des Textes ein eindeutiger Inhalt ermitteln. Dann ist es nicht nötig, das Testament oder die Vollmacht neu zu verfassen.

Bei dem Testament oder der Vollmacht zugunsten der Schwester von Frau K. ist nicht einmal eine Auslegung erforderlich. Die Urkunden sind eindeutig, und es wäre ganz überflüssig, Vollmacht und Testament noch einmal neu zu verfassen. Die Schwester hat durch die Heirat nur ihren Namen, nicht aber ihre Identität verändert. In ihren Personenstandsurkunden sind weiterhin die Namen vermerkt, die sie früher geführt hat. Es spielt deshalb auch keine Rolle, ob die Schwester in dem Testament mit ihrem Geburtsnamen oder mit einem Namen aus einer früheren Ehe bezeichnet ist.

Genaue Formulierung entscheidend beim Berliner Testament

Nicht ganz so eindeutig ist die Antwort auf die Frage zum Berliner Testament. Hier ist die genaue Formulierung des Testamentes entscheidend, die Frau H. nicht mitgeteilt hat. Möglicherweise führt aber eine Auslegung auch hier zu dem eindeutigen Ergebnis, dass bereits durch das bestehende Testament alle drei Kinder zu Erben bestimmt worden sind. Der Notar, der für sie das Testament aufgesetzt hat, wird es vermutlich so allgemein formuliert haben, dass auch später geborene Kinder damit bedacht sind. Dann muss sie jetzt gar nichts unternehmen.

Es ist aber auch eine Formulierung denkbar, die nur auf die beiden Kinder zugeschnitten ist, die sie damals hatte, und damit alle weiteren Kinder ausschließt. Das ist bei einem notariellen Testament unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Am besten ist es, Frau H. fragt den Notar, der damals für sie tätig war.“

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