Die USA kontrollieren die digitale Welt. Höchste Zeit, Schlüsse aus der Spähaffäre zu ziehen, meint Hajo Schumacher.

Langsam wird es Zeit, sich von einigen Naivitäten zu verabschieden. Fakt ist: USA/NSA kontrollieren unsere digitale Welt. Die technologische Übermacht der Falken ermöglicht, jedes Handy, jede Mail, jeden Kommentar auf Facebook oder WhatsApp mitzulesen – ohne Einschränkung.

Es gilt die ewige Weisheit: Was technologisch machbar ist, wird auch gemacht. Es mutet niedlich an, wie akribisch sich die SPD am Thema Vorratsdatenspeicherung selbst zerlegt. Bellt da wer den falschen Baum an? Was sollen nationale Fristen und Beschränkungen, wenn jede SMS von Sigmar Gabriel auf US-Servern bis zum Jüngsten Tag gebunkert wird?

Höchste Zeit, sich nicht mehr um das ob, sondern um das Was und Wie zu kümmern. Warum zum Beispiel wird das Bundeslandwirtschaftsministerium ausgeforscht? Dschihadisten im Hühnerstall? Kann sein. Wahrscheinlicher ist, dass da einer gucken will, wie es um die deutsche Position zu genverändertem Saatgut bestellt ist, auch so ein Weltmachtmarkt.

Deutschland ist eine digitale Wüstenei

Unter der Flagge von Terrorismusabwehr lässt sich überall mal reinschauen, ob beim Boeing-Konkurrenten Airbus, bei Automobilisten oder im Mailverkehr von Politikern. Man weiß ja nie, wann man eine kompromittierende Frage an eine Suchmaschine, Bedarf nach physischen Dienstleistungen oder sonst welche, medial verwertbaren Schweinereien gebrauchen kann. Reine Fiktion, klar. Aber ein Narr, wer nicht mal drüber nachdenkt.

Die Schlafmützigkeit eines Parlaments und einer Regierung, die technologisch und mental im Brieftaubenzeitalter verharren, helfen den Datenschnüfflern dieser Welt, Deutschland locker leer zu saugen, wie die Fälle im Bundestag bewiesen haben. Dieses Land ist eine digitale Wüstenei, geblendet vom Börsengang der Berliner Samwer-Brüder, deren Story lautet: Wir können fast so gut nachbauen wie die Kopierweltmeister in China.

Wir sind unendlich arglos, wenn US-Unternehmen mit dem erklärten Ziel des globalen Plattformmonopols unsere Wohnungen, Autos, Einkaufszettel und Gefühlswelten abfischen. Die Terroristen in aller Welt wissen inzwischen ganz gut, wie man sich vor den US-Datenjägern versteckt. Sonst gingen wohl deutlich mehr Attentäter ins Netz. „Höchste Zeit, dieses Land technologisch auf Augenhöhe zu hieven. Kostet, dauert, ist alternativlos.“