Erpressung und Geldwäsche: Polizei kommt bei Cybercrime nicht hinterher

Durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft entstehen neue Arten des digitalisierten Verbrechens und Strukturen, die ohne Internet nicht denkbar gewesen wären. Die deutsche Polizei tut sich weiter schwer, Schritt zu halten.

Artikel von Stephan Humer veröffentlicht am
Der Betreiber dieser Webseite verkauft Waffen und Drogen.
Der Betreiber dieser Webseite verkauft Waffen und Drogen. (Bild: Eric Feferberg/AFP/Getty Images)

Stephan Humer ist als Begründer des Forschungsbereichs Internetsoziologie unter anderem an der Universität der Künste Berlin tätig. Der Soziologe und Informatiker widmet sich dem Thema Internet und Gesellschaft vorrangig unter dem Aspekt der Sicherheit, beispielsweise in Forschungsvorhaben zu digitalem Datenschutz, multibiometrischen Analyseverfahren und Cyberterrorismus.

Inhalt:
  1. Erpressung und Geldwäsche: Polizei kommt bei Cybercrime nicht hinterher
  2. Handel mit Drogen, Waffen oder Bitcoins

Dass das organisierte Verbrechen digitale Werkzeuge inzwischen ganz selbstverständlich nutzt, stellt die zuständigen Behörden vor etliche Herausforderungen. Eine noch größere Herausforderung dürfte sich jedoch durch das Entstehen völlig neuer Tätigkeitsfelder ergeben. Zwar ist der Begriff Cybercrime auch in deutschen Behörden nichts Neues mehr, doch nicht wenigen Bediensteten dürfte das Treiben der IT-Profis immer noch etwas obskur vorkommen.

Das liegt zum einen daran, dass alteingesessene Ermittler bis vor nicht allzu langer Zeit noch völlig ohne digitale Technik auskamen. Selbst das Handy zog vergleichsweise spät in die Polizeireviere ein und auch beim behördlichen Digitalfunk ist Deutschland nicht gerade Trendsetter. Andererseits werfen Phänomene wie das virtuelle Zahlungsmittel Bitcoin aufgrund ihrer rein digitalen Form viele Fragen auf.

Geld, das ausschließlich digital existiert, ohne zentrales Finanzinstitut, ohne Papier und Münzen, aber doch mit einem spürbaren Gegenwert, für den man greifbare Waren und Dienstleistungen erhält - wie kann das funktionieren? Solche Phänomene zu verstehen, ist eine völlig neue kulturelle Herausforderung, die man nicht unbedingt mit Denkmustern aus der guten, alten Polizeischule bewältigen kann. Denn dort werden diese Phänomene kaum bis gar nicht diskutiert. Die Polizeiausbildung ist sehr generalistisch, praxisorientiert und traditionell, Änderungen vollziehen sich nur langsam. Beispiele wie die Cybercops in Bayern sind qualitativ wie quantitativ große Ausnahmen.

Die Polizei informiert über Cybercrime

Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, haben unterschiedliche Polizeibehörden in den vergangenen Jahren nicht nur Cybercrime-Abteilungen aufgebaut, sondern informieren auch zunehmend die Öffentlichkeit über ihre Bemühungen, beispielsweise in Form des Bundeslagebildes Cybercrime. Diese vom Bundeskriminalamt herausgegebene Publikation widmet sich sowohl allgemeinen Daten und Fakten wie der Anzahl der bekanntgewordenen Delikte als auch einzelnen Phänomenen. Diese sollen bestimmte Trends aufzeigen und die Bevölkerung entsprechend sensibilisieren.

Gleichzeitig wird auch sehr gut deutlich, wie Polizei die Kriminalität im Internet versteht. Im Bundeslagebild 2013 wird beispielsweise Phishing als besondere Herausforderung genannt. Unter dem Begriff wird aus polizeilicher Sicht eine digitale Bedrohung mit einigen Eigengesetzlichkeiten verstanden, die nur mit entsprechender IT-Kenntnis zu bewältigen sind. Das BKA stellt eingangs fest, dass der Behörde im vergangenen Jahr 4.096 Schadensfälle mitgeteilt worden seien. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies ein deutlicher Anstieg. Über mehrere Jahre gesehen war es aber auch schon um einiges schlimmer, beispielsweise im Jahr 2011 mit über 6.000 gemeldeten Fällen.

Die Täter passen sich den Schutzmaßnahmen an

Dass es nach einem Einbruch der Fallzahlen nun wieder zu einem klaren Anstieg gekommen ist, macht das BKA an der Flexibilität der Täter fest, die sich neuen Schutzmaßnahmen wie verbesserten TAN-Verfahren und der Aufklärung der Bevölkerung entsprechend schnell anpassten. Dies macht wiederum deutlich, dass die Polizei von in der Regel gut organisierten und schnell agierenden Strukturen mit guten bis exzellenten IT-Kenntnissen ausgeht, denen ständig mit entsprechenden IT-Lösungen begegnet werden muss.

Die europäische Polizeibehörde Europol stützt diese Sichtweise und spricht sogar von "Crime as a Service": Das Anbieten von Cybercrime-Dienstleistungen für bereits bestehende oder auch völlig neue OK-Gruppen ist somit eines der Phänomene, die ohne Internet nicht denkbar wären. Man muss als IT-Spezialist letztlich gar nicht selbst zum Kontoknacker oder digitalen Erpresser werden, sondern kann einfach Phishing-Ideen oder Ransomware gegen entsprechende Entlohnung bereitstellen.

Zunehmend geschieht dies laut BKA und Europol im Deep Web beziehungsweise Darknet. Auch hier bedingen sich technische und kriminelle Kompetenzen wechselseitig: Durch die an sich neutralen technischen Dienste wie I2P und Tor entstehen auch neue Möglichkeiten für das organisierte Verbrechen, was alteingesessenen wie neuen OK-Gruppen, also Menschenschmugglern genauso wie Internet-Erpressern, gleichermaßen zugutekommt.

Bitte aktivieren Sie Javascript.
Oder nutzen Sie das Golem-pur-Angebot
und lesen Golem.de
  • ohne Werbung
  • mit ausgeschaltetem Javascript
  • mit RSS-Volltext-Feed
Handel mit Drogen, Waffen oder Bitcoins 
  1. 1
  2. 2
  3.  


elitezocker 08. Dez 2015

Ach das ist doch nur flamen. Völlig daneben. Wie erklärst Du denn, dass bei...

Der Held vom... 28. Jan 2015

Ein Apfel ist essbar. Wenn ich dir verbiete, den Apfel zu essen oder auch nur zu fragen...

JNZ 26. Jan 2015

Das hat nichts mit Deutschen zu tun. So schlecht, wie diese Mails übersetzt sind, wurden...

space invader 26. Jan 2015

die schaffen's ja regulär schon nicht, die üblichen Einbrüche in den Ortschaften...



Aktuell auf der Startseite von Golem.de
Fehlerhaftes Pedal
Tesla muss Cybertruck zurückrufen

Tesla hat beim Cybertruck einen erheblichen Rückschlag erlitten. Das Unternehmen hat eine Rückrufaktion für fast alle 3.878 Cybertrucks gestartet.

Fehlerhaftes Pedal: Tesla muss Cybertruck zurückrufen
Artikel
  1. Ghost Shark: Australien zeigt Prototyp einer riesigen Unterwasserdrohne
    Ghost Shark
    Australien zeigt Prototyp einer riesigen Unterwasserdrohne

    Die Royal Australian Navy hat zusammen mit Anduril Ghost Shark vorgestellt, eine U-Boot-Drohne, die Aufklärungs-, Überwachungs- und Erkundungsmissionen durchführen soll.

  2. Voodoo-X: Bastler bauen eine neue 3dfx Grafikkarte
    Voodoo-X
    Bastler bauen eine neue 3dfx Grafikkarte

    Mit originalen Chips und neuen Designtools soll die bisher beste 3dfx-Grafikkarte entstehen. HDMI und zuschaltbaren Speicher gab es bisher nicht.

  3. Altstore für iPhones ausprobiert: So wenig Spaß macht die Installation alternativer Appstores
    Altstore für iPhones ausprobiert
    So wenig Spaß macht die Installation alternativer Appstores

    Dank DMA lassen sich in Europa endlich alternative App-Marktplätze auf iPhones installieren. Golem.de hat das mit dem Altstore ausprobiert - mit reichlich Frust.
    Ein Erfahrungsbericht von Tobias Költzsch und Daniel Ziegener

Du willst dich mit Golem.de beruflich verändern oder weiterbilden?
Zum Stellenmarkt
Zur Akademie
Zum Coaching
  • Schnäppchen, Rabatte und Top-Angebote
    Die besten Deals des Tages
    • Daily Deals • Spring Sale bei Gamesplanet • Neuer MediaMarkt-Flyer • MindStar: AMD Ryzen 7 7800X3D 339€ • Bose Soundbar günstig wie nie • Samsung Galaxy S23 -37% • MSI OLED Curved 34" UWQHD 175Hz -500€ • Alternate: Deep Cool CH560 Digital Tower-Gehäuse 99,90€ • PS5-Spiele -75% [Werbung]
    •  /