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Steinmeier zum Syrien-Einsatz der Bundeswehr "Gegen einen Gegner wie IS brauchen wir langen Atem"

Bis zu 1200 Bundeswehrsoldaten sollen Frankreich im Kampf gegen den IS unterstützen. Das Kabinett will am Dienstag den Einsatz beschließen. Eine kurze Operation werde das nicht, mahnt Außenminister Steinmeier.
Bundeskanzlerin Merkel und Steinmeier: Deutschland will sich am Kampf gegen IS beteiligen

Bundeskanzlerin Merkel und Steinmeier: Deutschland will sich am Kampf gegen IS beteiligen

Foto: Thalia Engel/ dpa

Deutschland will sich am Einsatz der internationalen Koalition gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) beteiligen. Am Dienstagmorgen tritt das Bundeskabinett zusammen, Kanzlerin Angela Merkel und ihre Minister wollen das Vorhaben beschließen.

Der Plan sieht vor, dass sich die Bundeswehr unter anderem mit "Tornado"-Aufklärungsflugzeugen und einem Kriegsschiff am Kampf gegen den IS beteiligt. Mit bis zu 1200 Soldaten könnte es der größte aktuelle Auslandseinsatz der Bundeswehr werden. Die Grundsatzentscheidung für die Militäroperation fiel am vergangenen Donnerstag. Der Einsatz ist eine Reaktion auf die Terrorserie von Paris. Er soll - wie bei den Mandaten für Auslandseinsätze üblich - zunächst auf ein Jahr befristet sein und 134 Millionen Euro kosten. Nach einem Kabinettsbeschluss muss noch der Bundestag zustimmen.

Kurz vor der Entscheidung sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) der "Bild"-Zeitung: "Wir tun das, was militärisch gebraucht wird, wir am besten können und politisch verantworten können." Der sozialdemokratische Minister machte aber auch deutlich, dass der Einsatz wohl länger andauern könnte: "Gegen einen Gegner wie IS brauchen wir langen Atem." Bis die Terrormiliz besiegt sei, sei "noch eine gehörige Wegstrecke zu gehen".

Gemeinsames Ziel der Anti-IS-Koalition sei es, "den völligen Zusammenbruch des syrischen Staatswesens zu verhindern". Die im Syrien-Mandat der Bundesregierung genannte Zahl von maximal 1200 Soldaten bezeichnete Steinmeier in dem Interview als "Obergrenze mit einem gehörigen Sicherheitspuffer." Er sagte: "Ich denke nicht, dass wir so viele Soldaten gleichzeitig im Ausland haben werden, und über den vom IS beherrschten Gebieten sowieso nur die Piloten unserer 'Tornados'."

"Keiner in der Bundesregierung vergisst die furchtbaren Verbrechen"

Zu einer möglichen Allianz mit der syrischen Armee sagte der Außenminister dem Blatt: "Keiner in der Bundesregierung vergisst die furchtbaren Verbrechen, für die Assad Verantwortung trägt. Richtig ist aber auch: Solange sich die syrischen Bürgerkriegsparteien nur untereinander bekriegen und abnutzen, bleibt der IS der lachende Dritte". Das Regime von Machthaber Baschar al-Assad könne jetzt zeigen, ob es wirklich bereit sei, "gegen die IS-Terroristen zu kämpfen, oder weiter Fassbomben oder Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt".

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hatte zuvor eine Zusammenarbeit mit der syrischen Regierungsarmee für denkbar gehalten. "Es wird keine Zukunft mit Assad geben, das ist klar", sagte die CDU-Politikerin. "Aber es gibt Teile der Truppen in Syrien, die man sehr wohl - wie in dem Beispiel Irak, wo ja erfolgreich die Ausbildung der lokalen Truppen stattgefunden hat - hier auch nehmen kann."

Norbert Röttgen (CDU), der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, lehnt dagegen eine Beteiligung der syrischen Regierungstruppen am Anti-IS-Kampf ab. "Mit den Truppen Assads kann es sicher keine militärische Kooperation geben", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Er fügte hinzu: "Der IS-Terrorismus darf nicht mit dem syrischen Staatsterrorismus bekämpft werden. Das würde uns jede Glaubwürdigkeit nehmen."

Opposition lehnt Militäreinsatz ab

Der Chef der Innenministerkonferenz, der rheinland-pfälzische Ressortchef Roger Lewentz (SPD), sieht durch den bevorstehenden Einsatz der Bundeswehr keinen Einfluss auf die Anschlagsgefahr in Deutschland. "Die Bedrohungslage ist hier spätestens seit den jüngsten Attentaten bei unserem Nachbarn Frankreich längst da", sagte er. "Der IS will nicht Staaten, sondern ein Wertesystem angreifen. Da gehören wir dazu."

Die Linke lehnt den Militäreinsatz kategorisch ab und erwägt eine Verfassungsklage. "Das ist ein klarer Tabubruch und unverantwortlich, denn damit wächst auch hierzulande die Terrorgefahr", sagte Parteichef Bernd Riexinger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte eine "politische Gesamtstrategie". "Ein unkoordinierter Militäreinsatz birgt die Gefahr, dass sich die Situation zwischen den vielen Fronten sogar verschlechtert."

Eine US-geführte Koalition fliegt seit mehr als einem Jahr Luftangriffe gegen die Dschihadisten. Auch Russland bombardiert Stellungen des IS in Syrien. Das britische Parlament entscheidet voraussichtlich am Mittwochabend über Regierungspläne, die Luftschläge gegen die Terrormiliz im Irak auf Syrien auszudehnen.


Zusammengefasst: Das Bundeskabinett will am Dienstag den Einsatz der Bundeswehr gegen die Terrormilz IS beraten. Außenminister Steinmeier verteidigt die Entsendung der deutschen Soldaten und mahnt einen "langen Atem" an.

heb/dpa