Allo: Google ist KI wichtiger als Nutzersicherheit

Google wollte einen Whatsapp-Konkurrenten vorstellen. Leider hat man sich in Mountain View nicht getraut, was im wenige Kilometer entfernten Palo Alto offenbar kein Problem war. Denn die Verschlüsselung deckt nur einen Teil der Gespräche ab.

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Google hat nur einen halben Kryptomessenger gebaut.
Google hat nur einen halben Kryptomessenger gebaut. (Bild: Signal/Google)

Google gehört ab Sommer zum Club der Kryptomessenger-Anbieter - fast. Der gestern auf der I/O-Entwicklerkonferenz vorgestellte Messenger Allo hat, so wurde es beworben, jetzt eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und nutzt dafür das Signal-Protokoll, keine schlechte Wahl. Und doch hat Google offenbar der Mut gefehlt, denn Konversationen der Nutzer werden nicht automatisch verschlüsselt. Google hätte einen sicheren Messenger bauen können, der alle Nutzer gleichermaßen schützt. Doch dem Unternehmen ist es offenbar wichtiger, seine eigenen Dienste zu integrieren.

Wer wirklich private Kommunikation haben will, der muss den Inkognito-Modus aktivieren. Alle anderen Konversationen bleiben unverschlüsselt. Für viele Nutzer dürfte diese Unterscheidung nicht ganz klar sein. Und ganz grundsätzlich ist es nur schwer zu verstehen, warum Google nur einen Teil der Chats verschlüsselt. Entweder Kryptomessenger oder nicht. Alles andere ist sinnlos.

Auch aus technischer Sicht ist der Schritt unverständlich: Signal skaliert offenbar sehr gut. Nicht nur bei der eigenen Messaging-App, sondern auch als Rückgrat der Whatsapp-Verschlüsselung. Whatsapp dürfte auch längerfristig mehr Nutzer haben als Allo, jedenfalls war Google bislang nicht besonders erfolgreich im Bereich der Messenger. Für einen Newcomer wird es ohnehin schwer, sich gegen Apps mit einer breiten Nutzerbasis zu behaupten. An der Performance der Verschlüsselung sollte es aber nicht scheitern.

Die Vorteile der verwendeten Technik liegen ohnehin auf der Hand: Anders als andere Protokolle zur Verschlüsselung von Chats wie dem bei Jabber/XMPP oft angewendeten OTR (Off-the-Record-Meessaging) kann das Signal-Protokoll auch asynchrone Kommunikation verschlüsseln. Es müssen also nicht beide Gesprächspartner gleichzeitig online sein. Klar, wenn alle Konversationen verschlüsselt würden, könnte Google die Nachrichten nicht mehr durchsuchen um Hilfen anzubieten. Allo wird also ein reines Tool für Googles KI-Ambitionen, ein sicherer Messenger aber wird es nicht. Zum Whatsapp-Konkurrenten taugt die Software damit nicht.

Der Guardian sieht Google im Streit mit dem FBI

Google hat also auf eine durchgehende Verschlüsselung verzichtet. Trotzdem kommentiert der Guardian Googles Ankündigung wie folgt: Das Unternehmen lege sich als letzter großer Spieler aus dem Silicon Valley nun auch mit dem FBI an. Nachdem Apple wegen des iPhones von Syed Farook gestritten und Facebook bei Whatsapp die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingeführt habe, folge nun Google. Damit würde Google das FBI und deren Going-Dark-Theorie herausfordern, nach der Ermittlungen im Netz nicht mehr möglich sind, wenn verschlüsselte Kommunikation verwendet wird.

Das ist aus drei Gründen falsch. Denn erstens ist die Kommunikation, wie gezeigt, nicht vollständig verschlüsselt. Und zweitens sind börsennotierte Unternehmen keine Kämpfer für Menschen- oder Bürgerrechte, wie in letzter Zeit immer mal wieder angedeutet wurde. Die Demonstrationen von Aktivisten vor Apple Stores am Anfang der Auseinandersetzung zwischen dem Unternehmen und dem FBI wirkten daher merkwürdig peinlich. Drittens erscheint es unwahrscheinlich, dass Kriminelle und Terroristen zur Verschlüsselung ihrer Kommunikation ausgerechnet auf Dienste von Google zurückgreifen.

Unternehmen dienen den Aktionären

Unternehmen treffen rationale geschäftliche Entscheidungen. Und hier liegt offenbar das Problem bei Allo. Denn es scheint schlicht nicht in Googles Geschäftsmodell zu passen, alle Kommunikationen der Nutzer abzusichern. Nutzer sollten sich also außerhalb des Inkognito-Chats nicht über Pizzarezepte austauschen, wenn sie nicht von Sonderangeboten für Pizzabringdienste verfolgt werden wollen.

IMHO ist der Kommentar von Golem.de. IMHO = In My Humble Opinion (Meiner bescheidenen Meinung nach)

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b10111 30. Mai 2016

Wie sollte ich das Backup ansonsten wieder neu einspielen können? Also ich habe nirgends...

Seitan-Sushi-Fan 20. Mai 2016

Wie's funktionieren kann, hat Apple mit iMessage doch schon lange vorgemacht. Details...

Seitan-Sushi-Fan 20. Mai 2016

Nutzt keiner.

/mecki78 20. Mai 2016

Google lebt davon, dass sie so viel wie möglich über ihre Nutzer wissen. Das ist deren...



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